Hockey Nachrichten

"Thema 'Trainer' muss beim DHB oberste Priorität haben"

Interview mit Hella Kämper (Münchner SC) zum Thema Trainersituation in Deutschland

 

03.02.2009 - Der Münchner Sportclub ist schon länger auf der Suche nach einem neuen hauptamtlichen Trainer. Doch obwohl die Rahmenbedingungen beim MSC gut sind und der Club in diese Stelle investieren will und durchaus attraktive Bedingungen für Interessenten bieten kann, ist Hockey-Abteilungsleiterin Hella Kämper bislang nicht fündig geworden. Für die Münchnerin, die auch Mitglied im Bundesliga-Ausschuss des DHB ist, liegt das auch am Trainerbild und dem Stellenwert des Trainerberufs in Hockey-Deutschland. hockey.de sprach im Interview mit Hella Kämper über die Situation in München und ihre Sichtweise der Trainer-Problematik.


Frau Kämper, für welchen Bereich suchen Sie denn einen Trainer und seit wann?

Kämper: "Der Münchner Sportclub sucht seit einem Jahr für seine Jugendabteilung einen hauptamtlichen Trainer. Dabei haben wir unserer Meinung nach gutes Konzept, das neben der Ausbildung unseres Nachwuchses und Betreuung der Leistungsmannschaften hauptsächlich auf die sportliche Leitung und Koordination der Jugendabteilung und die Anleitung der Nachwuchstrainer ausgelegt ist. Also eine interessante und reizvolle Aufgabe, die vor allen Dingen die Möglichkeit bietet, Innovationen, neue Ideen und Strukturen mit dem Ziel 'Leistungssport' einzubringen. Von Vorteil ist sicherlich auch, dass der MSC als traditioneller Bundesligaverein ja auch noch die sportliche Perspektive für gute Jugendarbeit im eigenen Verein hat. Deshalb ist es ziemlich frustrierend und für uns unverständlich, dass wir bisher diese Position noch nicht besetzen konnten."


Woran, denken Sie, liegt es, dass die Trainersuche so schwer ist?

Kämper: "Dafür gibt es sicherlich mehrere Gründe, die natürlich auch regional bedingt sein mögen. Auch wenn München, um den MSC als Beispiel zu nennen, eine sehr attraktive Stadt mit hohem Freizeitwert ist, so liegen wir geographisch doch außerhalb des „Hockeyzentrums“, was sicherlich manche Entscheidung beeinträchtigt. Was ich allerdings schon in den vergangenen Jahren festgestellt habe, ist die Tatsache, dass wir hier in Deutschland die 'Personalie Hockeytrainer' sehr unzureichend besetzt haben. Es gibt viel zu wenig qualifizierte Trainer, die vor allen Dingen auch bereit sind, das Risiko 'Beruf Trainer' einzugehen. Das hat zur Folge, dass viele Trainer 'nur' nebenamtlich arbeiten. Wenn Sie heute erfolgreich Sport betreiben wollen, ist das mit ausschließlich nebenamtlichen Trainern aber nicht mehr zu bewerkstelligen.

Bei der ganzen Professionalisierung unseres Sports und dem Anspruch einer hohen Leistungsdichte hat man diesen existenziellen Part vergessen. Wir reden nur über Inhalte der Trainerausbildung, aber wir tun nicht genügend dafür, dass wir die erforderliche Anzahl der Trainer auch bekommen, obwohl die notwendige Hauptamtlichkeit mittlerweile in vielen Vereinen umgesetzt wird oder die Bereitschaft dafür da ist. Sie haben kaum eine Chance über eine Anzeige ihren 'Wunschtrainer' zu bekommen. Das läuft alles über direkte Kontakte.

Trainer, die suchen, brauchen sich in der Regel nicht zu bewerben, da sie so viele Angebote haben, dass sie eigentlich nicht im Wettbewerb mit anderen stehen. Das freut mich zwar für die Trainer, aber diese Personalkultur macht jeden gesunden Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt kaputt. Ganz nebenbei bringt uns das auch nicht weiter. Dies soll kein Vorwurf an die Trainer sein - es ist wie in der Marktwirtschaft: Mangelndes Angebot erhöht die Nachfrage.

Aber mein Thema ist eigentlich: Wer macht sich darüber Gedanken, wer beschäftigt sich mit dem Thema Trainer, und vor allen Dingen: Gibt es eigentlich eine Definition des Berufs Hockeytrainer?"


Sie sprechen vom 'Berufsbild Trainer'. Wie sollte das aussehen? Und wie ist es, aus Ihrer Erfahrung, zur Zeit in der Praxis?

Kämper: "Für mich existiert derzeit kein definiertes Berufsbild des Trainers. Selbst der DOSB und auch der DFB beschäftigen sich intensiv mit dieser Thematik. Das ist auch Aufgabe unseres Dachverbands, sich darum zu kümmern. Ich finde, es war deshalb dringend notwendig, dass dafür eine eigene Position im Vorstand oder im Präsidium geschaffen wurde, wie es jetzt mit Uli Forstner als Bundestrainer Wissenschaft geschehen ist, in dessen Zuständigkeit diese Thematik meiner Meinung nach fallen muss. Der Stellenwert der Trainerausbildung darf nicht zur Nebensache werden, da gute Hockeylehrer die Grundlage unseres Sports sind.

Wie ein solches Berufsbild aussehen sollte kann ich nur laienhaft darstellen, aber auf alle Fälle ist es immer wichtiger, dass nicht nur sportlicher Sachverstand vorhanden ist, sondern - wie in vielen anderen Berufen - auch gewisse Schlüsselqualifikationen wie Management, Führungsqualität, strukturelle Fähigkeiten, um einige zu nennen.

Der Trainer ist heute nicht mehr nur Übungsleiter sondern Lehrer, Animateur, Vertrauensperson und Manager in einer Person. Ihm kommt im Verein eine wichtige Schlüsselfunktion zu. Daher ist es unabdingbar, ein Berufsbild klar zu definieren, das auch dem veränderten Umfeld der Hockeyvereine entspricht. Ich möchte nicht die Trainerausbildung als solches kritisieren, dazu fehlt mir die fachliche Kompetenz. Sondern es geht mir darum, eine Berufsausbildung anzubieten, die mit Sicherheit die Quantität der Trainer und die Attraktivität der Tätigkeit steigern würde.

Ein weiteres großes Problem sehe ich im 'Status' und der Wertstellung des Hockeytrainers. Da fehlen jegliche Außendarstellung und auch die Lobby für dieses Berufsfeld. Dieses Thema 'Trainer' muss beim DHB oberste Priorität haben, um auch in Zukunft die Professionalität nicht nur in den Nationalmannschaften, sondern auch in den Vereinen zu etablieren damit der erforderliche Nachwuchs auch aus den Vereinen kommen kann.

In der Praxis sieht es so aus, dass weder die 'Zunft' der Trainer noch die Vereine als Arbeitgeber sich an irgendwelche Richtlinien halten können. Das sind Punkte wie Anstellungsform, Vertragsinhalte, Bezahlung, Arbeitsinhalte, Qualifikation und so weiter. Das kann man sicherlich nicht alles reglementieren, aber als Orientierung wäre so etwas schon mal hilfreich - es wäre ein erster Schritt, das Berufsbild Trainer aufzuwerten.

Da ich sehr viele Gespräche auch mit andern Vereinen und Verantwortlichen geführt habe, habe ich den Eindruck gewonnen, dass dieses Thema viele beschäftigt. Deshalb ist es mir ein Bedürfnis, dieses Thema öffentlich anzustoßen. Dabei möchte ich auch noch erwähnen, dass der MSC immer noch auf Trainersuche ist (siehe Anzeige im Bereich Service / Trainer(Ge)suche bei hockey.de, Anm. d. Red.) und sich über Bewerbungen freuen würde. Wir sind auch dafür offen, einem jungen Trainer oder Trainerin mit dem entsprechenden Engagement die Möglichkeit zu geben sich zu entfalten.

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