Hockey Nachrichten

Offener Brief an die Berliner Vereine

Regionalisierung – worum geht es wirklich?

1.

Vorbemerkung
Bei der sogenannten "Regionalisierungs"-Debatte geht es z.Z. nur darum

  • die Qualifikation zu den Nord-Ost-Deutschen Meisterschaften (NODM)

– und damit zur DM Jugend Halle – sportlich fair und organisatorisch machbar durchzuführen. Es geht weder um den Jugendspielbetrieb im Feld – hier ist der Qualifikationsmodus zur DM Endrunde völlig anders – noch um Bestrebungen, den Spielverkehr der Berliner Jugend generell auf die Region Ost auszudehnen.

2.

Historie
Nach dem Zusammenschluss des DHB mit dem DHSV (Hockeysport-Verband der DDR) entstand die Notwendigkeit, den Clubs aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine Qualifiation zur Hallen-DM der Jugend zu ermöglichen. Dazu wurden

  • der Region Ost 3 Plätze auf der NODM zugesprochen und
  • die Zuständigkeit für diese Qualifikation dem OHV übertragen.

Dieser "löste" das Problem durch die Ostdeutschen Meisterschaften (ODM) in Turnier-Form, das analog zu den DM Endrunden und der NODM als 8-er Turnier an zwei Tagen ausgetragen wurde. Für die Teilnahme gilt ein fester Schlüssel:

Berlin/Brandenb. Mecklenb.-Vorp. Sachsen Sachsen-Anhalt Thüringen
4 1 1 1 1
 

3.

ODM in Turnier-Form ...
Die ODM in Turnier-Form haben eine Reihe von Nachteilen, die von den Berliner Vereinen (zu Recht!) bemängelt wurden:

  • Der reguläre Spielverkehr in den Berliner Meister-Ligen Halle (BM) verkürzt sich um 1 bis 2 Wochen, da die ODM vor den NODM und den DM Endrunden ausgetragen werden müssen.
  • Für die Teams der BM, die sich nicht für die ODM qualifizieren, ist der Hallenspielbetrieb in der Regel Mitte Januar beendet.
  • Die dadurch erzwungene Abfolge von 4 Turnieren (BM Endrunde, ODM, NODM, DM Endrunde) in kürzester Frist ist eine organisatorische Zumutung für die ausrichtenden Vereine bzw. Verbände.
  • Die Nicht-Berliner Verbände sind im Normalfall nicht in der Lage, die ihnen zustehenden Plätze der ODM sportlich gleichwertig zu besetzen ...
  • ... und stehen vor einem unlösbares Problem: werden die Plätze nicht besetzt, kann der Turnier-Modus nicht eingehalten werden und stellt dann nur noch eine Wiederholung der BM Endrunde dar, entsenden sie Teams – weil dieses oft die einzigen Spielmöglichkeiten sind! – so dienen diese nur als "Kanonenfutter".
  • Die Fahrten zur ODM – die selbstverständlich nicht immer und in allen Altersklassen in Berlin ausgetragen werden können – sind kostspielig, und zwar für alle Beteiligten: Teams, Schiedsrichter und Organisatoren.

4.

 ... sind eine Anti-Werbung für Hockey
Es wurden in den vergangenen 20 Jahren die verschiedensten Versuche unternommen, die genannten Mängel zu vermeiden bzw. zu mildern – ohne wirklichen Erfolg. Vielmehr sank der sportliche Wert kontinuierlich, es werden keine Ausrichter mehr gefunden, sie degenerieren zu reinen Pflichtveranstaltungen.

Qualifikation zur DM Jugend Halle (Stand: Januar 2009)

5.

Folgen für den Berliner Spielverkehr
Die ODM in Turnier-Form wirken sich wegen der oben aufgeführten systembedingten Mängel zunehmend auf den Berliner Spielverkehr in der Halle aus: die Vereine melden nicht mehr für den Meisterschafts-, sondern für den Pokal-Wettbewerb, sie umgehen die nach der BM Endrunde entstehende Zwangspause durch (eigentlich unnötige) Doppelmeldungen, in der ersten Hälfte der Hallensaison wird der ohnehin bestehende Hallenmangel noch grösser.

6.

Akzeptabel nur für grosse Vereine
Die grösseren Vereine in Berlin können diese Folgen zu einem guten Teil kompensieren: sie können viele Jugendmannschaften melden, diese auf Pokal- und Meisterschaft verteilen, und Spieler mit "Zwangspause" in den nicht zu weiterführenden Meisterschaft fahrenden Teams spielen lassen. Zudem können die vielen (gemeldeten) Teams von (verhältnismässig) wenigen Trainern gut (?) betreut werden. Kleineren Vereinen mit wenigen Teams stehen diese Möglichkeiten nicht zur Verfügung.

7.

Alternative Spielform für die ODM
Vor zwei Jahren wurden – nach über 4jähriger Vorarbeit der OHV Jugendwarte – in den Altersklassen der weiblichen und männlichen Jugend B die soganannten OHV Meister-Ligen eingeführt. Hierbei werden die 3 der Region Ost zustehenden NODM-Plätze in einer Liga (idealer Weise in einer Doppelrunde mit 8 Teams) ausgespielt. Die Liga ist für alle Vereine der Region Ost offen, für die NODM qualifizieren sich die besten 3 Teams der Liga.

8.

Vorteile der OHV Meister-Ligen
Während die erste Saison in den Details noch etwas holperig verlief, zeichnen sich bereits im zweiten Jahr (das ist die laufende Hallensaison!) die Vorteile deutlich ab:

  • Für den Spielbetrieb in der Liga steht mehr Zeit zur Verfügung: er kann – wie in den Regionen Nord und Süd – bis unmittelbar vor die NODM durchgeführt werden.
  • Die Liga bietet den wenigen, sportlich gleichwertigen Nicht-Berliner Teams einen adäquaten Spielverkehr und eine sportlich faire Qualifikation zur NODM.
  • Der Spielbetrieb in der Liga ist wesentlich einfacher zu organisieren als ein Turnier.
  • Zudem bietet die Liga für den Schiedsrichter-Nachwuchs hervorragende Ausbildungsmöglichkeiten, eine Erfahrung die auch im WHV nach der Einführung der dort so genannten "Regionalliga" gemacht wurde.

9.

Was bedeutet die OHV Meister-Liga für Berlin?
Vorteile:

  • Der grösste Vorteil für den Spielbetrieb in Berlin liegt darin, dass der Meisterschaftswettbewerb nunmehr bis zum Ende der Hallensaison gespielt werden kann.
  • Weiterhin ist eine leistungsgerechtere Aufteilung der Teams auf Pokal und Meisterschaft möglich und wird von den Vereinen auch genutzt.
  • Mit der Berliner Endrunde und dem Meisterschafts-Titel wird den Vereinen, die ohne Chance auf einen DM-Titel sind, neben dem Pokal ein angemessenes Saisonziel geboten.

Nachteile:
Von den Vereinen, die für die OHV Meister-Liga melden, wurde in den 2 Jahren nur ein einziger ernstzunehmender Einwand genannt.

  • Sie haben während der normalen Saison einen, maximal zwei Spieltermine ausserhalb Berlins zu bestreiten, und das führt zu Problemen bei den Betreuern und bei den Eltern der Kinder.

10.

Fazit für Berlin
Die Abwägung der Vor- und Nachteile des Turnier-Modus gegenüber dem Liga-System fällt eindeutig zu Gunsten der OHV Meister-Liga aus! Dabei wurde versucht, in den Punkten 3 bis 9 nur objektiv nachvollziehbare Gründe aufzuführen. Selbstverständlich kann auch ein Liga-System mangelhaft umgesetzt werden, aber im Gegensatz zum historischen Turnier-Modus können etwa noch vorhandene Mängel beseitigt werden.

11.

Wie geht es weiter?
Am 4. April 2009 ist die ordentliche Mitgliederversammlung (MV) des OHV. Auf dieser Sitzung ist zu entscheiden:

  • Wird die 2jährige Liga-Erprobung mit der WJB und der MJB als Dauerlösung festgeschrieben?
  • Werden die OHV Meister-Ligen auf weitere Altersklassen (MA, WJA, KA MJA) ausgedehnt, und wenn Ja, wie und wann?

Die Entscheidung der MV kann selbstverständlich hier nicht vorweg genommen werden. Der OHV Vorstand – der im übrigen mehrheitlich aus Berlinern besteht – wird den Mitgliedsverbänden die Beibehaltung und Ausweitung der OHV Meister-Ligen und die Abschaffung der ODM in Turnier-Form empfehlen.

12.

OHV Meister-Liga mit 2 Staffeln?
Für die Weibliche und Männliche Jugend A erscheint das für die B-Jugend erprobte Modell einer OHV-weiten Liga angemessen, aber für die Mädchen und Knaben A? Hier wäre jedoch eine Liga mit einer Staffel Nord und einer Staffel Süd denkbar: Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern spielen in der Staffel Nord, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in der Staffel Süd. Für die NODM qualifizieren sich die beiden Ersten der Staffel Nord und der Erste der Staffel Süd.

13.

Die Mehrheitsverhältnisse im OHV
Die (historisch entstandenen) Mehrheitsverhältnisse im OHV sind sicherlich ebenfalls reformbedürftig. Verfügte ursprünglich jeder der 6 Landes-Hockey-Verbande (LHV) über 3 Stimmen, gilt seit April 2006 folgende Gewichtung:

  • Berlin 7 Stimmen,
  • Sachsen 5 Stimmen,
  • Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern je 3 Stimmen.

Diese Stimmenverteilung entspricht nicht den realen Verhältnissen, an einer Änderung wird zur Zeit gearbeitet. Aber:

14.

Der OHV kann nur bei konstruktver Mitarbeit Berlins funktionieren!
Die Region Ost ist völlig anders strukturiert als die übrigen 3 Hockey-Regionen Nord, Süd und West. Ohne Berlin ist der OHV schlichtweg nicht lebensfähig. Diese Dominanz (unabhängig von irgendwelchen Stimmverhältnissen!) bürdet dem Berliner Hockey-Verband aber auch eine hohe Verantwortung auf. Der BHV ist dieser Verantwortung in den letzten 20 Jahren gerecht geworden, er sollte es auch in Zukunft tun.

15.

Eine Bitte
Um Missverständnissen vorzubeugen: weder der OHV noch die Nicht-Berliner LHV erwarten vom BHV soziale Wohltaten oder Mitleid. Was eingefordert wird, ist ein sportlich faires Verhalten gegenüber den Nachbar-Verbänden, die auf Grund historisch entstandener Verhältnisse mit Berlin zusammen die Hockey-Region Ost bilden.

Wir wollen doch alle einfach nur Hockey spielen!


Berlin, 2. Februar 2009
Jürgen-Michael Glubrecht
Vorsitzender des OHV


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20. Mai 2024
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